Manfred Protze: Minderheitendiskriminierung in den Medien aus der Perspektive des Presserats (Arbeitstitel)

Abstract

Minderheitendiskriminierung in den Medien aus der Perspektive des Presserats (Arbeitstitel)

Die Norm: (Ziffer 12 und Richtlinie 12.1 des Pressekodex)
Niemand darf wegen seines Geschlechts, einer Behinderung, oder seiner Zugehörigkeit zu einer ethnischen, religiösen, sozialen oder nationalen Gruppe diskriminiert werden.

In der Berichterstattung über Straftaten wird die Zugehörigkeit der Verdächtigen oder Täter zu religiösen, ethnischen oder anderen Minderheiten nur dann erwähnt, wenn für das Verständnis des berichteten Vorgangs ein begründbarer Sachbezug besteht. Besonders ist zu beachten, dass die Erwähnung Vorurteile gegenüber Minderheiten schüren könnte.

Die Praxis:
Rund 2/3 der beim Presserat gegen Printmedien wg Diskriminierung vorgelegten Beschwerden kamen von Zentralrat der Sinti und Roma. Tenor: die Erwähnung der Ethnie  von Tatverdächtigen oder  Angeklagten diskriminiert in jedem Fall die gesamte Ethnie.  Von 546 zwischen 1996 und 2010 vom Zentralrat auf der Basis eines flächendeckenden Monitoring der deutschen Zeitungen vorgelegten Beschwerden waren 145 erfolgreich.

Der Grundkonflikt:

Die Sprecher der Ethnie  verlangen mit  Verweis auf die mörderische Praxis der Nazis einen uneingeschränkten Verzicht auf die Erwähnung einer (ihrer) Ethnie in der  Kriminalitätsberichterstattung. Sie fordern in diesem Punkt Gleichbehandlung mit  jüdischen Naziopfern.

Der Presserat versucht,  konkurrierende Ansprüche von Veranwortungsethik (hier: Diskriminierungsverbot vs Wahrhaftigkeitsgebot) angemessen zu befriedigen.

Kritiker aus den Printmedien werfen dem Presserat vor,  mit seiner Praxis die Pressefreiheit aus  Erwägungen politischer Opportunität einzuschränken: Tatsachen müßten stets ohne Einschränkungen berichtet werden dürfen.

Kurzbiographie

Manfred Protze, Nachrichtenredakteur, Geboren 1946, Studium Germanistik und Politik für das Lehramt an höheren Schulen an der Universität Göttingen. 1972-1973 Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Soziologischen Seminar der  Universität Göttingen.
1974 Volontariat bei der Deutschen Presse Agentur (dpa). Von 1974 bis 2009 fest angestellter Redakteur bei dpa.
Seit 1987  Mitglied im Deutschen Presserat. Dort in zwei Wahlperioden Sprecher und  mehrfach Vorsitzender eines  Beschwerdeausschusses.Mitglied im Bundesvorstand der Deutschen Journalistinnen- und Journalisten-Union (dju) in Verdi.
Seit 2001 aktiv in der „Initiative Qualität“ (IQ). Dozententätigkeit in der Journalistenausbildung mit dem Schwerpunkt Medienethik national und international.

 

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